1878 Wie ich als Kind den Wald erlebte

Von Brettschneidern, Köhlern und anderen Handwerkern.
 

Mein Geburtsort ist Hermsdorf und mein Heimatland das schöne Holzland. Von frühester Jugend an war ich mit dem Wald vertraut, darum liebte ich [1] ihn wie einen treuen Freund.

Als ich ungefähr drei Jahre alt war, setzte mich die Mutter auf den Wagen neben den Vater und zu dritt fuhren wir hinaus in den Wald. Oben auf einer mittelgroßen Kiefer stand dar Großvater und sägte die unteren starken Äste ab. Die Mutter setzte mich auf den Waldboden und warf mir einige Kiefern- und Fichtenzapfen zum Spielen zu. Ich baute aus Moos kleine Ställe und setzte die Kuhböckel [2] als Kälber und die Kuhmutschen [3] als Kühe hinein. Dürres Gras legte ich den Tieren zum Fressen hin. Während des Spielens kamen zwei mir wohlbekannte Knaben, kletterten auf die Kiefern,  pflückten die grünen Zapfen und füllten die umgehängten Säcke. War ein Baum abgeleert, so schwangen sie sich mehrere Male hin und her bis sie den Gipfel des nächsten Baumes fast fassen konnten. Dieses Klettern und Schwingen gefiel mir außerordentlich. Ich habe nicht gehört, dass einer dieser wagehalsigen Burschen abgestürzt sei. Diese grünen Zapfen wurden im Forsthaus zu Klosterlausnitz auf einer Darre gedorrt, um aus den aufgesprungenen oder „auf gekrakelten“ Kuhböckeln den Samen zu gewinnen.

Nachdem Vater und Mutter den Wagen mit den Ästen beladen hatten, fuhren wir wieder nach Hause. Im Hof hakte die Magd die Zweige mit einer Sichel ab. Die „Schnettel [4] sollten der Kuh eingestreut werden.

Das Zerkleinern des Feuerholzes war für den Großvater eine mühselige Arbeit. Er zerhackte und zersägte die Äste und spaltete die Stöcke. Der Ofen wurde mit Holz gefeuert. Nur wenige Torfziegel genügten, um ein schnelles Verlöschen der Glut zu verhindern. Die Großmutter schüttete die Holzasche in einen Sack und übergoss sie mit Wasser, um das in der Stünze [5] sich sammelnde Laugenwasser zum Waschen zu gebrauchen.

Vor Weihnachten war es. Auf den Pfützen war schon das Eis gefroren. Da ging ich mit der Magd auf eine moorige Waldwiese. Hier schnitt sie einige Bündel Binsen ab. Am Abend schlitze sie diese auf und mit Baumnageln schälte sie das schneeweise Mark heraus. Diese Arbeit gelang mir nicht recht, doch wurde ich gelobt. Am anderen Abend brachte die Mutter einige ausgeblasene Eier. Der Vater beklebte sie mit bunten Stofflecken und die Magd um ringelte diese mit den weißen Markfäden. Diese bunten Eier habe ich immer als den schönsten Christbaumschmuck geliebt. Der Großvater vergoldete die Nüsse, klebte mit Siegellack rote Bändchen daran und knüpfte an die Stiele der purpurroten Weihnachtsäpfel bunte Fäden. Die Mutter und die Nachbarin haben bei dieser Arbeit den weißen Flachs gesponnen. Das Surren der Spinnräder schien mir wie liebliche Musik. Der Heilige Abend war da.

Der Großvater holte aus dem Keller den Christbaum - den er nicht beim Händler gekauft hatte - und band ihn fest an die Decke. Das Anputzen begann. Zuletzt klebte der Vater Wachslichte an die Äste, die er von einem Wachsstock abgeschnitten hatte.

Die Lichter brannten und der liebliche Duft drang durch die warme Stube. Dar Großvater ging nun, wie er angab, zu Biere. Da polterte es draußen, der Rupprecht trat in die Stube mit Pelz und langem Flachsbart. Ich war furchtbar erschrocken.

Nachdem ich gebetet hatte, erhielt ich meine kleinen Geschenke, einen kleinen Baukasten, ein Bilderbuch und eine weiße Pfefferscheibe [6], auf der das Bild eines Liebespaares aufgeklebt war.

Im Bilderbuch bestaunte ich die Franzosen mit den roten Hosen. Bald kam der Großvater wieder und baute mit mir aus den Klötzchen des Baukastens ein Haus. Nachdem ich vom heißen Grog genippt und ein Stück frischen Stollen gegessen hatte, ging ich beglückt ins Bett. Diese stillen Abende um die Weihnachtszeit sind mir immer in süßer Erinnerung geblieben. Die Holzländer putzten damals nur Tannenbäume an. Unser Wald war um diese Zeit noch reich an solch edlen Bäumen. Der Vater suchte lange, ehe er den rechten gefunden hatte, denn er musste schlank und ohne Fehler sein. Der Förster hatte aber keinen Sinn über diesen feinen Geschmack, er beschnitt die schönsten Bäume und machte sie zu Krüppeln. Doch der Holzländer wusste  sich zu helfen, an die Stelle der beschädigten Zweige bohrte er Löscher und setzte neue ein.

Als ich größer geworden war, ging ich mit einigen Freunden am 3.Feiertag sehr früh „Frischegrünen“ zu den Häusern, in denen Mädchen wohnten. Die Eltern öffneten gern die Türen und wir durften ein wenig die Beine der Mädchen „peitschen“. Lagen die jungen Dinger noch im Bett, so ließ es die Mutter zu, die nack­ten Füße mit dem Zweig zu kitzeln. Da gabs großes  Gekreisch. Die Eltern beschenkten uns mit Nüssen, Äpfeln, kleinen Pfefferscheiben oder auch mit Geld. Älter geworden, dehnten wir unsere Beutezüge bis zum „Roten Strumpf“ aus.

An einem schönen Sommertag fuhr ich mit dem Vater nach Scheiditz. Beim Weißen Berg hielt er an, hob mich aus dem Wagen und führte mich hinauf auf die Kuppe und zeigte mir die vielen Wälder, Täler und die Leuchtenburg.

Als ich zur Schule kam, schloss ich Freundschaft mit einem Knaben, dessen Vater ein Köhler war. Öfters besuchten wir den Vater bei seinem Meiler, der an der Lausnitzer Straße aufgebaut war. Der schwarze Mann lief um den Meiler herum und stieß mit seinem Schürbaum Löcher hinein. Ein dicker beißender Rauch stieg zwischen den Waldbäumen empor. Nun krochen wir in die niedrige Köhlerhütte und lagen lange Zeit vergnüglich auf duftenden Fichtenzweigen.

Eben fuhr ein Wagen mit der hoch aufgeschütteten Holzkohle ins Dorf hinein.

Dunkel entsinne ich mich auf die Reichenbacher Pechhütte. Ein dicker schwarzer Rauch quoll aus der kleinen Tür heraus. Der hier erzeugte Ruß wurde in kleine Holzbutten gefüllt. Der Vater machte mit den Rußbuttenjungen  gern Geschäfte, denn Fett mit Kienruß vermischt gab eine gute Lederschmiere.

Als ich ein kräftiges Bürschchen geworden war, nahm mich der Vater mit nach Mörsdorf. Hinwärts liefen wir auf dem dreckigen Weg hinüber, heimwärts aber durchquerten wir das Teufelstal. Wie staunte ich über die mächtigen Steinblöcke und die hohen Zottelfichten. Der kleine Bach, der so lustig zwischen dicken Moospolstern dahineilte, erfreute mich sehr. Der Vater erzählte mir folgende gruselige Geschichten:

Voriges Jahr ging ich von Roda nach Mörsdorf und besuchte die Leuchte mit denen ich Handel treibe. Bei denen war gerade Spinnstube und ich verweilte deshalb ein wenig länger dort. So war es Mitternacht geworden. Da ich gegen 100 Taler Geld bei mir trug, wollte ich nicht aber die Kreuzstraße gehen, denn dort konnte ich leicht überfallen werden. So entschloss ich mich, den Weg durchs TeufeIstal zu nehmen. Die Leute gaben mir eine Laterne mit. Als ich die Talwand hinabstieg, verlöschte das Licht, nachdem ich mich wieder zurechtgefunden hatte und bei der Brücke an dem Dickicht vorüberging, hörte ich leises Flüstern wie von mehreren Stimmen.

An Geister glaubte ich nicht, doch die Sache kam mir recht unheimlich vor, und die Haare standen mir zu berge.

Ich rief laut: „Halt, wer da!“ Alles blieb ruhig. Als ich aber den Sandweg hinaufschritt, vernahm ich wieder das schauerliche Murmeln. Nach vier Wochen traf ich einen jungen Mann aus Schleifreisen. Der sagt zu mir: „Du hast uns aber furcht­bar erschreckt. Wir wollten in dieser Nacht im Teufelstal Hochzeitsfichten holen. Da kommt Mitternacht ein Licht auf uns zu. Schnell versteckten wir uns in das Gebüsch. Das Licht verlöscht und eine hohe schwarze Gestalt stand dicht vor uns. Wir haben furchtbar gezittert. Wir erkannten Dich an Deiner Stimme. Doch. wollten wir Dich nicht erschrecken und schwiegen. Hätte der Vater nicht gerufen, so wäre Schleifreisen um eine Spuk- und Geistergeschichte reicher gewesen.

Wenn die roten Heidelbeeren sich blau färbten, waren die Kinder nicht mehr zu bändigen. Die Schule wurde vierzehn Tage lang geschlossen. Frauen, Jungen und Mädel strömten mit Krügen und Töpfen hinaus in den Wald. Im Dorf war es still geworden, aber umso lauter ging es draußen zu. Wir liefen oft hinüber bis zum Mohnberg. In der Nähe einer Quelle und einer Waldhütte wurde fleißig gepflückt. Mittag aßen wir unser nicht gerade fürstliches Mahl, trockenes Brot und harten Käse. Eine Hand voll Beeren war der Nachtisch. Das frische Quellwasser schmeckte uns besser als der köstlichste Wein. Doch allmählich tat der Buckel vom langen Bücken weh. Da legten wir uns auf den sandigen Waldweg und beobachteten die Ameisenlöwen. Jetzt war eine Ameise in den kleinen Sandtrichter gerutscht, plötzlich stürzte der braune Käfer hervor und tötete seine Beute mit der scharfen Zange. Auch sahen wir, wie die fleißigen Ameisen Holzstücke und Nadeln herbeischleppten, um ihre Haufen immer höher zu bauen. Wir hielten unsere Hände unter das Völkchen, ließen uns zwicken und mit dem scharfen Saft bespritzen. Viel Freude bereitete uns das Schwingen an den tief herabhängenden Fichtenästen. Auch Sonnenuhren legten wir an, ein in die Erde gestecktes Stäbchen war der Zeiger und Kuhböckel bildeten die Ziffern. Als die Töpfe gefüllt waren und die Schatten der Bäume immer länger wurden, ging es heim. Frauen und ältere Kinder erzählten auf dem Heimweg allerlei seltsam and gruselige Geschichten:

„Nicht weit von hier stand in alten Zeiten die Stadt Richhain [7]. Auf dem Töpferberg verkauften die Töpfer ihre Waren. In einem großen Krieg brannte die Stadt nieder und die zwei Kirchtürme stürzten zusammen. Nach vielen Jahren wühlten Wildschweine dort eine Glocke aus der Erde. Sie hängt auf dem Hermsdorfer Kirchturm. Von der Stadt sieht man noch einige Mauerreste.

Bei der Johannisbrücke ist es nicht richtig, meine Großmutter hat dort unter hohen Fichten zwei große Hunde mit großen funkelnden Augen gesehen. Oben auf dem Grenzweg zeigt sich manchmal ein Reiter ohne Kopf. Der Fuhrmann Lorenz fuhr einmal diesen Weg herab, da blieb das Pferd stehen, denn auf dem Weg tanzten sechs kleine Graumännchen. In jenem Holz lobte ein Otterkönig. Er trug auf seinem Kopf ein goldenes Krönlein mit glitzernden Edelsteinen. Wenn aber ein Sonntagskind einen Otterkönig sieht und ein weißes Tuch auf den Boden ausbreitet, so legt er das Kleinod drauf und das Kind ist sehr reich geworden. Wenn aber ein ruchloser Mensch das Krönlein gewaltsam stiehlt, so tut der Otterkönig einen gellenden schauerlichen Pfiff. Da stürzen aus Löchern und Büschen die Schlangen herbei und beißen den Frevler tot. Er kann sich nur retten, wenn er auf der Flucht ein fließendes Wasser überspringt.“

Diese Geschichten haben mir wenig Furcht eingeflößt.  Ich kannte Erwachsene, die sich nicht getrauten an verrufenen Orten vorüber zu gehen. Einmal kehrte eine alte Frau aus Lippersdorf bei uns ein. Die kam vom Bahnhof und wollte über die Kreuzstraße nach Hause gehen und suchte bis über die Kreuzstraße hinauf einen Begleiter. loh war ungefähr 11 Jahre alt und erbot mich mitzugehen. Bei der Kreuzstraße wurde die Frau sehr ängstlich, schaute auf die Erde und sagte kein Wort mehr. Als wir eine kleine Strecke weitergelaufen waren, tat sie einen tiefen Atemzug und bat mich, wieder heimzugehen. Zwanzig Pfennige war mein Führerlohn. Ich war stolz, die bösen Geister ferngehalten zu haben.

Wir waren doch froh, wenn wir nach dem langen Pflücken am Abend matt und müde zu Hause waren. Wie köstlich schmeckte der frische Heidelbeerkuchen. Mehrere Liter Beeren füllte die Mutter in Flaschen, auch ließ sie einige in der Sonne auf einer Kuchendecke dorren, denn diese gebrauchte man als bestes Mittel gegen den Durchfall.

Die übrigen Beeren wurden an den Händler verkauft, erhielten aber nur 6 Pfennige für das Liter. Da erschienen im Dorf zwei Hamburger, die 10 Pfennig zahlten. Da gab es Freude unter den armen Leuten.

Bei einem Streifzuge durch den Wald entdeckte ich am Grenzweg, der von Waldeck nach den Ziegenböcken führt, eine riesige Tanne. Deren Äste reichte fast bis auf die Erde herab. Sofort begann das Klettern. Krähen flatterten schimpfend und kreischend um mich, ich ließ mich aber nicht stören. Der Baum schien kein Ende zu haben. Ich ruhte einige Zeit auf einem Aste aus und hielt Umschau. Wie ein grünes Meer wogte der Wald tief unter mir. In der Ferne erblickte ich die Leuchtenburg, die Wölmse und noch viele Berge. Die Dörfer mit den Fluren lagen wie Inseln inmitten des Waldmeeres. Hier oben auf der Tanne ging mir der Sinn auf für die unvergleichliche Schönheit

der Heimat. Bald erreichte ich den Gipfel und zu meiner größten Freude sah ich viele Tannenzapfen. Sie hingen aber nicht in den Ästen wie die Fichtenzapfen, sondern standen aufrecht wie die Lichte des Christbaums. Da ich gehört hatte, dass Tannenzapfen von den Apothekern gekauft werden, so brach ich die ab, die mein Arm erreichen konnte und ließ sie in die Tiefe gleiten. Der Vater hat sie nach einigen Tagen gut verkauft. Das nächste Jahr besuchte ich wieder meinen Freund, aber rohe Hände hatten den stolzen Baum gefüllt und um ein Naturdenkmal seltener Schönheit war unser Wald ärmer geworden.

Auf einer Waldwiese erblickte ich viele gelbe, mir unbekannte Blumen. Einen großen Straus davon trug ich nach Hause. Der Vater belehrte mich, dass es Johannis- oder Arnikablumen seien und als Heilmittel gegen das Reißen verwendet würden. Er ließ die Blumen trocknen und stopfte sie in eine Flasche mit Kornbranntwein.

Beim Heidelbeeren suchen durchkroch ich ein dichtes Gebüsch, da flog plötzlich ein großer Vogel vor mir auf, es war ein Auerhahn. Einige Male habe ich den alten Herzog Ernst I. gesehen, wie er am frühen Morgen auf seinem Jagdwesen sitzend von der Auerhahnjagd nach Eisenberg zurückfuhr.

Vor Kreuzottern hatte ich eine grausige Angst und oft musste ich hören: „Wer von ihnen gestochen wird, der muss sterben.“ Blind­schleichen liebte ich, ich ließ sie über die Hand gleiten und spielte mit ihnen. An einem heißen Sommertag ging ich mit dem Großvater durch den Wald. Da schlängelte sich eine Kreuzotter über den Weg.

Er sprang schnell hinzu und zertrat mit dem Stiefelabsatz den Kopf der Kreuzotter und sprach: „Fahr hin, du elender Wurm!“ Wenn wir in der Schule den Satz hersagten: „Derselbe soll dir den Kopf zertreten,“ musste ich immer an den mutigen Großvater denken.

Ich mochte so 11 Jahre alt sein. Da trat während des Unterrichtes der  Tautenhainer Straßenmann in die Schulstube  mit einem Busch voll schwarzglänzender Beeren. Er sprach mit weinender Stimme: „Ihre lieben Kinder, das sind Tollkirschen, mein kleiner Junge hat solch giftige Beeren gegessen und ist unter furchtbaren Leibschmerzen daran gestorben.“ Der Mann besuchte alle Schulen des Holzlandes und warnte die Kinder vor dem unheimlichen Giftgewächs.

Einmal führte mich ein älterer Knabe in ein dich­tes Gebüsch. In einem kleinen Bauer sang ein Lockvogel. An Leim­ruten klebte ein kleiner Vogel, der sich zu Tode geflattert hatte. Das kleine bunte Ding wurde mir geschenkt.

Gern sah ich im Wald den Fuhrleuten zu, die mit den starken Pferden die dicken Stämme und Klötzer auf den Weg schlepp­ten und diese dann herein ins Dorf an die Handschneidemühlen fuhren. In fast jedem größeren Hof und auf freien Plätzen verrichteten die Brettschneider ihr mühseliges Handwerk. Für uns Kinder gabs viel zu sehen dabei. Nachdem die Stämme mit den scharfen Schnitzmessern abgeschält waren, wurde mit einem langen Faden, der zuvor in rote Farbe eingetaucht war, die Schnittlinie auf geschnippt. Starke Hände rollten den Stamm auf zwei Böcke und befestigten ihm mit Klammem. Das Sägen begann. Ein Brettschneider lief oben rückwärts  auf dem Stamm, der andere zog unten die große scharfe Säge. Wir Kinder staunten über den Hunger der Männer. Ein Pfund Brot verschwand im Nu. Nach getaner Arbeit saßen sie gern ein Weilchen in der „Quelle“ [8], um sich am Rumkaffee zu Iaben. Allerlei Schabernack, besonders mit fremden wurde dabei getrieben.

Als das Ackersche Dampfsägewerk gebaut worden war, sagte sein Vater: „Sie sollen recht stille sein und lieber ein Vaterunser beten, dass dar elende Plack ein Ende hat.“  Auf Schneidmühlplätzen tummelten wir Kinder uns viel herum. Es wurde auf die Bretterschränke geklettert, geschaukelt und auf schrägliegenden Brettern heruntergerutscht. War der Lederhosenboden durchgescheuert, so setzte der Beutler von Gera einen neuen ein. Für uns Holzlandjungen war die Lederhose ein recht zweckmäßiges Kleidungsstück.


[1] Geschrieben von Wilhelm Bauer um 1946, ergänzt und erweitert 2020 Stefan Lechner
[2] Kuhböckel – Bezeichnung für die Tannenzapfen der Kiefer, umgangssprachlich in Thüringen und in sorbischen Regionen.
[3] Kuhmutsche – Bezeichnung für die Tannenzapfen der Fichte, Umgangssprachlich in Thüringen und in sorbischen Regionen.
[4] Schnettel – Schnipsel, klein geschnittenes

[5] Im ostthüringischen Holzland bezeichnet eine Stünze oder auch Stinze ein hölzernes Gefäß, das nach Fassmacher Art aus einem runden Boden,

Fassdauben und Fassreifen hergestellt wurde und nach oben konisch auseinanderläuft. Die Fassdauben sind gerade und eine davon meist verlängert und oberhalb der eigentlichen Gefäßoberkante  mit einer ca. 3 bis 5 cm großen Bohrung versehen, damit die Stinze an einem Haken aufgehängt werden und somit platzsparend verstaut werden konnte. Meist diente das Loch auch als handlicher Tragegriff. Gebräuchliche Größen waren Bodendurchmesser von ca. 30 bis 50 cm und Höhen von ca. 15 bis 30 cm. Benutzt wurde die Stinze meist als Transportgefäß für oder zur kurzzeitigen Aufbewahrung von Lebensmitteln.

[6] Pfefferscheibe – Weihnachtsgebäck, heute Pfefferkuchen
[7] Richhain ist eine alte Wüstung aus der Zeit der Besiedelung des Holzlandes. Es war weder ein Dorf noch eine Stadt. Erst recht gab es dort keine zwei Kirchen.
[8] Gastwirtschaft „Zur Guten Quelle“ – einst gegenüber dem Rathaus Hermsdorf, nach der Wende abgerissen.
 
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